Zerschlag mein Herz

2018 | Spielfilm | Regie: Alexandra Makarova | Produktion: Simon Schwarz, Konstantin Seiz | 99min | 5.1 DCP

Romeo und Julia in Wien-Suburbia: Der Despot und Mafiapatron Rocky führt ein erbarmungsloses Regiment. Pepe, sein Neffe, liefert täglich seine Betteleinkünfte an ihn ab. Als eines Tages die junge Marcela aus dem gemeinsamen Heimatdorf in der Ostslowakei nach Wien kommt, um unter Rocky die Schulden ihres Vaters abzuarbeiten, entspinnt sich zwischen Pepe und ihr eine Liebesgeschichte. Aufgrund familiärer Zwänge und Rockys Eigeninteresse an Marcela sind dem jungen Paar jedoch nur wenige Momente der Sorglosigkeit vergönnt.

In ZERSCHLAG MEIN HERZ ist Wien ambivalenter Ort der Freiheit und zugleich mafiöser Mikrokosmos, in dem Roma-Schutzherr Rocky den eigenen Clan tyrannisiert. Neben seiner Geliebten Terezka und der transsexuellen Jessica hat ihm also auch sein Neffe Pepe zu gehorchen, der Rocky als Bettler auf Wiens Straßen zuarbeitet. Die Ankunft der attraktiven jungen Marcela aber verändert das Herrschaftsgefüge der Zweckgemeinschaft prompt: Marcelas Vater hat bei Rocky Geldschulden, die sie abarbeiten soll. Als Terezkas Sohn Sandokan tödlich verunglückt und Rocky Wien für ein paar Tage verlässt, bieten sich Marcela und Pepe die Möglichkeit und der Raum, einander näherzukommen und darüber hinaus die aufregenden Seiten der großen neuen Stadt zu entdecken. Doch weder können sie die städtischen Potenziale tatsächlich für sich nutzen, noch ist ihr Liebesglück von langer Dauer. Kurz darauf wird Marcela vor vollendete Tatsachen gestellt: Eine arrangierte Hochzeit mit Rocky soll die Familie von der Schuldenlast befreien. Nach den Kurzfilmen An einem anderen Tag(2012) und Sola (2013) legt Alexandra Makarová 2018 ihren ersten Langspielfilm vor – die erste Arbeit, für die Schauspieler Simon Schwarz als Produzent verantwortlich zeichnet.

In fünf Kapiteln rückt ZERSCHLAG MEIN HERZ eine verhinderte Liebe ins Zentrum, die mitunter an Szenen aus Gottfried Kellers Erzählung „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ denken lässt. Und das nicht nur aufgrund der eingangs vorausgeschickten Beglaubigungsgeste „Nach wahren Begebenheiten“, mittels derer das Spiel lmszenario einen Pakt mit der außer filmischen Realität eingeht. Durch diesen Hinweis auf die Darstellung eines Einzelschicksals umgeht der Film die Gefahr, Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu erheben. Die Lebenswelten der seit mehr als sechshundert Jahren staatenlosen „ältesten Flüchtlinge der Welt“ – heute nicht weniger als in der Vergangenheit von Ausgrenzung und Armut bedroht – werden hier als zerstörerische Verquickung von Armut und patriarchaler Gewalt inszeniert, der die Hauptfiguren Marcela und Pepe auch kraft ihrer jungen Liebe nichts entgegensetzen können: Coming of Age in aller erdenklichen Brutalität, deren Intensität von einem Schwung schillernden Pathos noch zusätzlich befördert wird. Das Spiel mit Klischees provoziert Empathie – und das treffsicher. Denn um den Traum von gesellschaftlichem Aufstieg und großer Liebe zunichte machen zu können, muss er zunächst einmal kultiviert werden: Leidenschaft, die Leiden schafft.
(Katalog, ar) / diagonale.at

 

Tonschnitt: Sounddesign: Peter Rösner
Musik: Johannes Winkler
Mischung: Bernhard Maisch, Thomas Pötz